Elf Corona-Fälle nach Restaurant-Besuch
Jetzt bei rund 70 Menschen häusliche Quarantäne angeordnet
Nach der Wiedereröffnung des Restaurants »Alte Scheune« in Jheringsfehn (Moormerland) in geschlossener Gesellschaft hat sich die Zahl der Infektionsfälle, die damit vermutlich in Verbindung stehen, am Sonnabend auf elf erhöht. Das sind vier mehr als am Freitag.
Nach einer Mitteilung der Leeraner Kreisbehörde hatten sich zehn der Betroffenen am Abend des 15. Mai im Restaurant aufgehalten. In der Folge hat sich eine weitere Person angesteckt, die bei diesem Zusammentreffen nicht zugegen war; sie kommt aus einem anderen Landkreis.
Das Gesundheitsamt des Landkreises Leer hat inzwischen weitere Kontaktpersonen der Infizierten ermittelt. Insgesamt wurde bislang in rund 70 Fällen eine häusliche Quarantäne angeordnet. »Von diesen Personen zeigen einige bereits Symptome, so dass weitere Infektionsfälle im Zusammenhang mit dem Ausbruch nicht auszuschließen sind«, so die Kreisverwaltung.
Der Landkreis Leer hat mittlerweile alle an diesem Abend anwesenden Gäste befragt. »Aus den Hinweisen, die uns vorliegen, ergeben sich Indizien, dass am Abend des 15. Mai möglicherweise gegen Corona-Regeln verstoßen worden ist«, sagt Landrat Matthias Groote. Ob dies tatsächlich der Fall war, soll nun das Ordnungsamt in einem Ordnungswidrigkeiten-Verfahren klären.
An dem Abend des 15. Mai waren laut der Liste, die dem Gesundheitsamt am 20. Mai vorgelegt wurde, 36 Gäste anwesend. Das Lokal war darüber hinaus am 16. und 17. sowie am 20. Mai geöffnet – Gästelisten für diese drei Tage wurden dem Landkreis Leer aber erst auf Nachfrage am Freitag, 22. Mai, übermittelt.
Beim Gesundheitsamt haben sich inzwischen auch Personen gemeldet, die eigenen Angaben zufolge nach dem 15. Mai im Restaurant waren, aber nicht auf den Gästelisten standen. Diese Dokumentation ist laut den Corona-Auflagen Pflicht. Gemeldet haben sich zudem Personen, die sich nach eigenen Aussagen zu Vorstellungsgesprächen und zum Probekochen im Lokal aufgehalten haben. Auch diesen Fällen geht das Gesundheitsamt nach.
Für den Betreiber der Gaststätte »Alte Scheune« ist die Entwicklung fatal. Monatelang hatte er das Restaurant renoviert und sich auf die Eröffnung vorbereitet, wie er der Deutschen Presse-Agentur erzählte. Der erste Abend sollte rund 40 ausgewählten Gästen gehören - darunter Vertreter von Firmen, die ihn unterstützt hatten. Der Inhaber stand zunächst als Koch in der Küche. Später gesellte er sich nach eigenen Angaben zu den Gästen, um mit ihnen anzustoßen. Die Abstands- und Hygieneregeln seien eingehalten worden, sagt der Mann, der seinen Namen nicht in den Medien lesen möchte. Eine Party sei der Abend sicher nicht gewesen, sondern eine Art Testlauf für ihn und sein Team. Denn am kommenden Tag öffnete das Restaurant regulär.
Der Hotel- und Gaststättenverband Dehoga reagierte bestürzt. Eine Sprecherin sagte NDR 1 Niedersachsen, durch das Hygiene- und Abstandskonzept, das der Verband erarbeitet habe, seien Neuinfektionen in Restaurants eigentlich nicht möglich.
Aus Sicht von Niedersachsens Gesundheitsministerin Carola Reimann (SPD) verdeutlichen die neu aufgetretenen Infektionen im Landkreis Leer einmal mehr, dass das Virus nicht besiegt ist. »Es ist noch da und wir müssen weiterhin sehr wachsam sein, um die großen Fortschritte der letzten Wochen nicht zu gefährden.« Sie forderte alle auf, die Lage weiterhin ernst zu nehmen und sich an die Abstands- und Hygieneregeln sowie die geltenden Maßnahmen zur Kontaktbeschränkung zu halten. »Insbesondere an Orten, an denen nun wieder mehr Publikumsverkehr möglich ist, gilt es für uns alle, besonders vorsichtig und umsichtig zu sein.«
Die »Alte Scheune« hat der Betreiber vorsorglich geschlossen. Nach seiner Quarantäne will er am 4. Juni wieder öffnen. »Vorausgesetzt alle Tests sind negativ«, sagte er. »Ich möchte auf Nummer sicher gehen.« Um die Ansteckungsgefahr zu reduzieren, braucht es aus seiner Sicht mehr Tests. Hätte ein Gast des Abends sich nicht umgehend testen lassen, hätte er von seiner Infektion wahrscheinlich nichts mitbekommen, erzählt der Inhaber. Diesem einen Gast sei es zu verdanken, dass die anderen Infektionen entdeckt wurden.